Rechtsmittelzulassungsverfahren

Durch die Einführung des Rechtsmittelzulassungsverfahrens am Anfang des Jahres 1980 wurde die Stellung des Obersten Gerichtshofs als höchste Instanz wesentlich geändert. Das frühere Berufungssystem mit drei Instanzen wurde durch ein System mit zwei Instanzen ersetzt: gegen die Entscheidung eines Gerichts erster Instanz kann ordnungsgemäß nur bei einer höheren Instanz Rechtsmittel eingelegt werden. Die Berufungsgerichte wurden für beinahe alle Gerichtsverfahren die höchste Instanz, während der Oberste Gerichtshof sich ausdrücklich zu einem Gericht für Grundsatzentscheidungen entwickelte. Das Rechtsmittelzulassungsverfahren gilt auch für die Entscheidungen der Sondergerichte.

Voraussetzungen für die Zulassung des Rechtsmittels

Die Voraussetzungen für die Zulassung des Rechtsmittels sind im Absatz 1 § 3 des Kapitels 30 der finnischen Prozessordnung geregelt. Demnach kann der Oberste Gerichtshof die Zulassung des Rechtsmittels nur unter folgender Begründung gewähren:

  • eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs ist für die Rechtsanwendung in anderen identischen Fällen oder für die Kohärenz der Rechtsprechungspraxis erforderlich (Präjudizprinzip)
  • in der Sache ist ein Fehler im Gerichtsverfahren oder ein anderer Fehler geschehen, woraufhin die Entscheidung kraft Gesetzes aufgehoben werden soll („Aufhebungsgrund")
  • es gibt andere wichtige Gründe für die Gewährung der Rechtsmittelzulassung („ein wichtiger Grund").

Der Zweck des Rechtsmittelzulassungsverfahrens ist, dass sich der Oberste Gerichtshof auf die Führung der Rechtsprechungspraxis konzentriert. Deshalb ist das Präjudizprinzip von den im Gesetz angegebenen Gründen für die Rechtsmittelzulassung das wichtigste. Eine Grundsatzentscheidung kann sich auf die „Anwendung des Gesetzes auf andere ähnliche Fälle" oder die „Kohärenz der Rechtsprechungspraxis" beziehen. Im erstgenannten Fall bietet die Grundsatzentscheidung Hilfestellung für künftige ähnliche Rechtsfragen. Im letzteren Fall bietet die Grundsatzentscheidung Leitlinien für die Praxis der Vorinstanzen, weil sie nicht kohärent ist oder gegen die Rechtsprechungspraxis des Obersten Gerichtshofs verstößt. Die Rechtsmittelzulassung mit Präjudizcharakter bezieht sich immer darauf, dass die Entscheidung der Rechtsfrage im Obersten Gerichsthof eine allgemeine rechtliche Relevanz aufweist.

Die anderen Gründe („Aufhebungsgrund" und „ein wichtiger Grund") werden selten angewandt. Diese finden hauptsächlich dann Anwendung, wenn Anlass besteht, sichtlich fehlerhafte, unangemessene oder ungerechte Gerichtsentscheidungen zu berichtigen.

Die Entscheidung über die Rechtsmittelzulassung erfolgt aufgrund des Antrags. Im Antrag muss angegeben werden, ob der Zulassung des Rechtsmittels eine Grundsatzentscheidung, ein Aufhebungsgrund oder ein wichtiger Grund zugrundeliegt. Des Weiteren müssen im Antrag die Gründe dargelegt werden, aufgrund derer der Antragsteller der Ansicht ist, dass es für die Rechtsmittelzulassung einen berechtigten Grund gibt. Warum die Rechtsmittelzulassung gewährt werden soll, muss somit begründet sein.

15.9.2022